Heute wollen wir uns einem der wichtigsten Prozesse deiner Kanzlei widmen – dem Auswahl-Prozess von Neumandanten.
Warum ist dieser so wichtig?
Nun, du kannst die besten internen Prozesse und Mitarbeiter haben, aber wenn ihr in der Kanzlei am Ende die falschen Mandanten betreut, dann werdet ihr trotzdem niemals erfolgreich sein bzw. zumindest unfassbar viel Potenzial verschenken.
Auf die negativen Auswirkungen von C-Mandanten bin ich bereits in diesem Blogbeitrag ausführlich eingegangen.
Führe dir vor Augen, dass jeder einzelne C-Mandant deshalb bei dir in der Kanzlei ist, weil er irgendwann mal erfolgreich den Auswahlprozess bei dir oder deinem Vorgänger durchlaufen hat.
Wären diese von Anfang an abgelehnt worden, müsstet ihr euch heute nicht mit ihnen herumärgern.
Im Umkehrschluss bedeutet das:
Schaffst du es, in deiner Kanzlei einen Auswahl-Prozess zu implementieren, der wie eine Art „Türsteher“ funktioniert und dafür sorgt, dass nur noch die richtigen Mandanten reinkommen, sparst du dir in der Zukunft jede Menge Ärger.
Genau deshalb wollen wir uns heute 19 Fehler anschauen, die du im Rahmen der Mandantenauswahl als Steuerberater unbedingt vermeiden solltest.
Sieh es mir in diesem Zuge bitte nach, wenn ich nicht jeden Fehler in der absoluten Tiefe beleuchten kann, da dies den Rahmen komplett sprengen würde.
Aber keine Sorge, wir werden dennoch tief genug auf die einzelnen Punkte eingehen, um für einige Aha-Momente bei dir zu sorgen.
Fehler 1: Wunschmandant nicht glasklar definiert
Wenn du nicht weißt, welche Art von Mandanten du suchst, dann brauchst du dich auch nicht wundern, warum du nicht die richtigen findest.
Ich spreche hier nicht von irgendwelchen groben Wischiwaschi-Angaben, sondern von einem ganz klaren Regelwerk mit Muss- und Kann-Kriterien.
Häufig höre ich hier so Aussagen wie „Das kommt drauf an, das kann man so nicht sagen“, aber das ist absoluter Quatsch!
Wenn du intellektuell in der Lage bist, eine der schwierigsten Prüfungen in ganz Deutschland zu bestehen, dann solltest du auch in der Lage sein, quantitative und qualitative Auswahlkriterien für Mandanten zu bestimmen.
Ein solches Regelwerk hilft dir dabei, Grundsatzentscheidungen zu treffen, denn deine Entscheidungen sollten nicht davon abhängen, ob du heute zuerst mit dem rechten oder linken Fuß aufgestanden bist oder ob es draußen regnet oder die Sonne scheint.
Entspricht der Interessent eurem internen Regelwerk, so wird er angenommen und wenn nicht, dann nicht – so einfach ist das!
Solltest du diesbezüglich noch keine Klarheit für dich gewonnen haben, so handelt es sich beim Großteil der nachfolgenden Fehler quasi um Folgefehler.
Du siehst, es ist elementar wichtig, dass du in diesem Bereich deine Hausaufgaben machst!
Im Übrigen hilft dir ein solches Regelwerk gleich doppelt, denn dieses stellt auch die Grundlage dar, um deine Bestandsmandanten im Rahmen einer ABC-Analyse fortlaufend seriös bewerten zu können.
Fehler 2: Zu kleine oder zu große Mandanten aufnehmen
Sind Mandanten zu klein, dann könnt ihr machen, was ihr wollt, dann sind diese schlichtweg unwirtschaftlich!
Entweder ihr verdient mit diesen überhaupt kein Geld und legt vielleicht sogar drauf oder ihr verzeichnet zumindest immense Opportunitätskosten, weil ihr in der gleichen Zeit mit anderen Mandanten deutlich mehr Geld verdienen könntet.
Andererseits können Mandanten auch zu groß sein. Große Mandanten gehen in aller Regel mit einer gewissen Komplexität einher, was häufig dazu führt, dass der Fall stark an der Kanzleileitung hängt, sodass dieser Umsatz teuer erkauft ist.
Was du möchtest, sind Mandanten aus dem „mittleren Segment“, denn hier hast du erstens kein Klumpenrisiko, zweitens im Normalfall gute Deckungsbeiträge und drittens können deine Mitarbeiter diese Fälle weitestgehend eigenständig abarbeiten.
Du solltest folglich eine Minimal- und eine Maximal-Größe definieren, sonst holst du dir aus strategischen Gesichtspunkten die falschen Mandanten ins Haus!
Fehler 3: Keinen Wert auf die Branche legen
Häufig hören wir, dass die Branche bei der Mandatsauswahl keine oder eine sehr untergeordnete Rolle spielt und es vielmehr auf den Menschen und den Einzelfall ankommen würde.
Das ist jedoch aus mehrerlei Hinsicht unklug!
Natürlich gibt es in jeder Branche gute und schlechte Mandanten, aber in einer Welt, in der du nicht unendlich viele Mandanten annehmen kannst, gilt es die vorhandenen Kapazitäten so sinnvoll wie möglich zu nutzen.
Warum solltest du dich also mit Unternehmen aus Branchen herumärgern, die statistisch gesehen immer wieder für Probleme sorgen?
Warum solltet ihr euch für eine Hand voll Mandanten in hochkomplexe Spezialthemen einarbeiten oder komplexe Schnittstellen aufsetzen?
Warum willst du dein Geld schwer verdienen, wenn es auch leicht geht?
Je homogener dein Mandantenstamm ist (es muss ja nicht gleich eine Spezialisierung sein), desto einfacher ist es, Mitarbeiter einzuarbeiten, Prozesse zu standardisieren, Mandanten proaktiv zu beraten, hohe Honorare zu verlangen und sich von anderen Steuerberatern positiv abzugrenzen.
Ja, das mag mitunter auch bedeuten, dass man zum Beispiel mal einen Top-Gastronomen oder ein aufstrebendes Start-up aus dem Bereich eCommerce ablehnt.
Viele haben Angst, dass sie in dem Moment eine Chance liegen lassen, aber Fakt ist, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Interessent anklopft, der ebenfalls top aufgestellt ist, aber der „richtigen“ Branche angehört.
Auch bei den Branchen gilt deshalb – weniger ist mehr!
Fehler 4: Blick auf Chancen statt auf Risiken
Wusstest du, dass Rauchen gesund ist?
Glaubst du nicht?
Wie erklärst du es dir sonst, dass unser ehemaliger Bundeskanzler Helmut Schmidt geraucht hat wie ein Schlot und 96 Jahre alt wurde?
Zugegeben, die Argumentation ist ziemlich abenteuerlich, um nicht zu sagen dumm. Aber genauso dumm klingt es in meinen Ohren, wenn jemand sagt:
„Man kann nie wissen, was aus einem Mandanten wird. Ich hatte mal einen, der hat ganz klein angefangen in seiner Garage und heute ist er einer meiner größten Mandanten. Deswegen gebe ich erst mal jedem eine Chance!“
Was ist denn das für eine Argumentation?
Ich kann dir nur ausdrücklich empfehlen, dass du dir die Statistik zum Freund machst und nicht versuchst, krampfhaft gegen diese anzukämpfen.
Wenn wir exemplarisch bei den Start-ups bleiben, dann ist es natürlich so, dass du mal das verpassen könntest, welches brachial durch die Decke geht.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass 80 % der Start-ups in Deutschland binnen drei Jahren scheitern.
Unternehmerisch wäre es folglich unklug, hier zu zocken, denn selbst wenn du ins Casino gehen und einen hohen Betrag auf Rot setzen würdest, stünden deine Gewinnchancen besser!
Was du wirklich suchst, sind Mandanten, die statistisch gesehen große Chancen und gleichzeitig wenige Risiken mitbringen.
Befasst man sich intensiver mit dieser Frage, so wird man im Übrigen auch hier wieder feststellen, dass gewisse Branchen (siehe Fehler 1) im Querschnitt besser sind als andere.
Fehler 5: Keine telefonische Vorqualifizierung
Viele Steuerberater führen mit Interessenten direkt ein Beratungsgespräch, ohne dass zuvor eine telefonische Vorqualifizierung in Form eines Analysegesprächs stattgefunden hat.
So bist du jedoch auf dem besten Weg, Zeit zu verschwenden und Fehlentscheidungen zu treffen.
Zeitverschwendung deshalb, weil du eine Stunde oder länger mit jemandem ein Gespräch führst, bei dem vielleicht nach wenigen Minuten telefonieren klar gewesen wäre, dass du diesen gar nicht haben möchtest oder, dass derjenige überhaupt nicht bereit ist, eure Preise zu zahlen.
Solche Gespräche sind maximal unangenehm, weil sich mindestens eine Seite fragt, wie sie schnell und glimpflich wieder aus der Nummer herauskommt.
Und gerade, weil das so unangenehm ist, führen Erstberatungen ohne vorherige telefonische Qualifizierung auch häufig zu Fehlentscheidungen.
Entweder, weil es dir generell schwerfällt, nein zu sagen oder weil du dich einlullen lässt, da dir dein Gegenüber so sympathisch ist.
So passiert es schnell, dass du jemanden als Mandanten annimmst, den du nach objektiven Gesichtspunkten besser hättest ablehnen sollen.
Auf den letzten Aspekt werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführlich zu sprechen kommen.
Fehler 6: Erstkontakt ohne Termin
Kennst du das?
Ein Interessent ruft im Sekretariat an, die Anfrage klingt spannend und derjenige wird deshalb direkt zu dir als Kanzleileitung durchgestellt, weil du gerade zufälligerweise keine Termine hast.
Das solltet ihr niemals machen!
Nicht nur, weil du in dem Moment aus deiner Arbeit herausgerissen wirst und auf das Gespräch in keiner Weise vorbereitet bist, sondern vor allem auch, weil du damit die völlig falschen Signale sendest.
Wenn dich der Interessent direkt ans Telefon bekommt, was wird wohl dessen Erwartungshaltung sein, wenn er später mal dein Mandant sein sollte?
Richtig, er wird wohl erwarten, dass du immer Gewehr bei Fuß stehst!
Lernt es der Interessent jedoch von Anfang an so kennen, dass bei euch in der Kanzlei Termine vereinbart werden, dann wird es für denjenigen das Normalste der Welt sein, später als Mandant Termine mit dir oder deinen Mitarbeitern zu vereinbaren.
Du siehst, wenn man auf die berühmten Details achtet, kann man Mandanten direkt in die richtige Richtung erziehen.
Fehler 7: Keine Gesprächsleitfäden haben
Zu Beginn haben wir darüber gesprochen, wie wichtig der Auswahlprozess für den Erfolg deiner Kanzlei ist.
Da ist es schon fast absurd, wie viele Steuerberater sich hier einfach nur auf Smalltalk und Bauchgefühl verlassen!
Für nahezu jeden Quatsch gibt es eine ProCheck-Liste, aber wenn es darum geht, herauszufinden, ob es sich lohnt, einen Mandanten anzunehmen und diesen die nächsten Jahre zu betreuen, wird irgendein Freestyle-Gespräch geführt.
Das darf so natürlich nicht sein!
Was du brauchst, sind ganz klare Gesprächsleitfäden – sowohl für dich als auch für dein Sekretariat oder wer auch immer sonst noch am Auswahlprozess beteiligt ist.
Sämtliche Gesprächsleitfäden basieren auf eurem internen Regelwerk (siehe Fehler 1), denn wenn du weißt, welche Mandanten du haben möchtest, muss es dir nur noch gelingen, immer die richtigen Fragen in der richtigen Reihenfolge zu stellen, um darüber befinden zu können, ob derjenige in euer Beuteschema passt oder nicht.
Außerdem solltest du wissen, wie du souverän reagierst, wenn jemand nicht euren Kriterien entspricht und dir nicht erst in dem Moment Gedanken darüber machen müssen, wie du am besten aus dieser Nummer herauskommst.
Ich behaupte nicht, dass das alles einfach ist, aber wenn der Prozess mal steht, dann profitierst du davon Jahre, wenn nicht sogar Dekaden!
Es lohnt sich also hier, die Mühe zu investieren oder du ersparst dir jede Menge Zeit und Lehrgeld und kontaktierst einfach uns, denn das ist eine von vielen Herausforderungen, die wir für unsere Kunden schon lange gemeistert haben.
Fehler 8: Fragebogen vom Interessenten ausfüllen lassen
Manche Kanzleien lassen ihre Interessenten im Vorfeld ein Online-Formular ausfüllen, über welches bereits einige Infos eingeholt werden, um dann zu entscheiden, ob die Anfrage überhaupt interessant ist.
Auch wenn wir große Freunde davon sind, Prozesse zu verschlanken und Bearbeitungszeiten zu reduzieren, raten wir von einem solchen Vorgehen auf jeden Fall ab!
Unser erster Kritikpunkt sieht dahingehend aus, dass es sich für den Mandanten extrem bürokratisch anfühlt, wenn er erst mal acht Fragen beantworten muss, um dann vielleicht im Nachgang zu erfahren, dass ihr „leider gerade keine Kapazitäten mehr habt“.
Kundenorientierung sieht jedenfalls anders aus!
Viel entscheidender ist jedoch der zweite Kritikpunkt, denn wir sparen hier die Zeit am falschen Ende, da wir in einem kurzen Gespräch viel mehr Dinge zwischen den Zeilen lesen können.
Kleines Beispiel zur Veranschaulichung:
Es ist ja super, wenn du in deinem Formular den aktuellen Umsatz und Gewinn abfragst, aber ganz ehrlich, das kann doch jeder Vollidiot aus seinen Unterlagen heraussuchen.
Viel spannender ist doch die Frage, ob derjenige diese Frage ad-hoc am Telefon beantworten kann, denn ein guter Unternehmer sollte schließlich seine Zahlen kennen.
Das ist jetzt natürlich nur eines von vielen möglichen Beispielen.
Es geht also nicht nur um die reinen Fakten, sondern insbesondere auch darum, wie derjenige auftritt, wie er sich vorbereitet hat, welche Worte er verwendet, wie er auf gezielte Nachfragen reagiert usw.
Ein Online-Fragebogen hilft uns dabei nicht weiter!
Zur Klarstellung:
Es spricht nichts dagegen, 2-3 Infos abzufragen, wenn sich jemand online bei dir einen Termin bucht, aber aus den beiden genannten Gründen würden wir auf einen ausführlichen Fragebogen definitiv verzichten.
Fehler 9: Erstberatung in der Kanzlei
Unabhängig davon, ob der Interessent ordentlich telefonisch vorqualifiziert wurde, solltest du die Erstberatung auf keinen Fall in der Kanzlei durchführen.
Wir empfehlen dir stattdessen einen Video-Call mit dem Interessenten, denn dieser hat diverse Vorzüge gegenüber der Beratung bei dir in der Kanzlei:
- Weniger Aufwand für alle Beteiligten
- Weniger unnötiger Smalltalk und dafür zielgerichtetere Gespräche
- Der Interessent kommt weder eine Viertelstunde früher noch bleibt er unnötig lange da und quatscht dir die Ohren voll
- Es wird dir deutlich leichter fallen NEIN zu sagen, wenn derjenige dir nicht direkt gegenübersitzt und gerade deinen Kaffee trinkt
- Einen Video-Call kannst du notfalls nach wenigen Minuten abmoderieren, wenn derjenige jedoch extra eine halbe Stunde hergefahren ist, wirst du den Termin vermutlich aus Höflichkeit durchziehen
- Du siehst direkt, wie offen derjenige für eine digitale Zusammenarbeit ist und inwieweit er das gebacken bekommt
- Du kannst dich positiv von anderen Steuerberatern abgrenzen, weil du offensichtlich digitaler denkst und handelst
- Findet bereits die Erstberatung digital statt, so wird es auch kein Problem darstellen, später mal den Jahresabschluss oder ähnliches via Video-Call zu besprechen
- Du kannst diese Art von Prozess gleichartig leben, unabhängig davon, ob der Interessent bei dir um die Ecke, in München oder Hamburg lebt
- Es wird dir leichter fallen, deinen Gesprächsleitfaden einzuhalten, weil es einfacher ist, Hilfsmittel vor dir und am Bildschirm zu platzieren
Unser Hauptargument ist dabei vor allem der vierte Punkt, aber du siehst, es gibt sehr viele weitere Gründe, warum du mit einem Video-Call deutlich besser fährst als mit einem Beratungsgespräch in der Kanzlei!
Fehler 10: Erstberatung beim Mandanten vor Ort
Noch schlimmer als ein Beratungstermin bei dir in der Kanzlei (siehe Fehler 9) ist ein Beratungstermin beim Interessenten vor Ort!
Diejenigen, die dieses Vorgehen befürworten (und offensichtlich gerne Auto fahren), argumentieren damit, dass sie so einen besseren Eindruck vom Interessenten und dessen Betrieb gewinnen könnten.
Veto!
Wenn du einen guten Gesprächsleitfaden hast, dann hast du am Ende alle Infos und Eindrücke, die du benötigst, um eine kluge Entscheidung treffen zu können (siehe Fehler 7).
Sämtliche Nachteile, die wir bereits bei der Erstberatung in der Kanzlei aufgeführt haben (siehe Fehler 9), greifen hier genauso bzw. teilweise sogar noch stärker.
Deine Entscheidung wird dadurch also eher schlechter als besser!
Darüber hinaus kaufst du dir sogar noch zwei weitere nicht zu unterschätzende Probleme ein.
Du meinst es gut und erbringst einen tollen Service, darfst dir dann aber vielleicht in zwei Jahren einen Spruch wie diesen hier anhören:
„Als es damals darum ging, ob ich bei Ihnen Mandant werde, sind Sie noch persönlich vorbeigekommen, aber jetzt, da ich Mandant bin, haben Sie sich schon zwei Jahre nicht mehr hier blicken lassen!“
Du siehst, du schaffst damit unweigerlich eine gewisse Erwartungshaltung, der du bei einer Vielzahl von Mandanten überhaupt nicht (mehr) gerecht werden kannst.
Davon abgesehen begibst du dich aber auch, ob du willst oder nicht, in eine schwächere Position.
Du fährst zum Interessenten, deshalb möchtest du etwas von ihm. So wie die lieben Herren Versicherungsvertreter, die es jahrzehntelang gewohnt waren, die Klinken zu putzen.
„Dann soll mir der Herr Steuerberater mal zeigen, was er kann und dann schauen wir mal, ob er uns ein gutes Angebot macht!“
Fakt ist jedoch, dass der Interessent etwas von dir möchte, denn er will Mandant bei dir werden. Diesen Frame konterkarierst du, wenn du zum Mandanten vor Ort fährst.
Zur Klarstellung:
Du kannst gerne mal bei A-Mandanten einen Abstecher machen, wenn du sowieso gerade in der Nähe bist, aber dann sprechen wir eben von einem Mandanten und nicht von einem Interessenten.
Es bleibt also dabei, bei der Erstberatung fährst du mit einem Video-Call mit Abstand am besten!
Fehler 11: Nicht NEIN sagen können
Der absolute Klassiker bei den Steuerberatern, wenn das Helfersyndrom wieder kickt – nicht NEIN sagen können.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Mandanten trotz besseren Wissens angenommen werden.
Wie schaffen wir es, dass dir dieser Fehler nicht mehr passiert?
Der „Trick“ besteht darin, das Nein immer so früh wie möglich zu platzieren:
- Es ist leichter, jemanden direkt konsequent aufgrund der Branche abzulehnen, als wenn man trotzdem mal auf Verdacht das Analysegespräch führt („Man kann es sich ja zumindest mal anhören“)
- Es ist leichter, jemanden am Telefon beim Analysegespräch abzulehnen, als später in der Erstberatung im Rahmen des Video-Calls
- Es ist leichter, einen Interessenten im Video-Call abzulehnen, als ihn später zu kündigen, wenn er Mandant ist
Bei all dem hilft es dir natürlich immens, wenn du, wie bereits angesprochen, über ein internes Regelwerk verfügst (siehe Fehler 1) und einen ganz klaren Gesprächsleitfaden hast, der alle möglichen Konstellationen abdeckt (siehe Fehler 7) und damit auch die anderen damit verbundenen Punkte beherzigst.
Außerdem gilt der Grundsatz, dass du lieber einmal zu oft NEIN als einmal zu oft JA sagen solltest.
Das Schlimmste, was dir nämlich passieren kann, wenn du einmal zu oft NEIN sagst, ist, dass sich im Nachgang herausstellt, dass es sich doch um ein gutes Mandat gehandelt hätte.
Fakt ist aber, dass du das erstens meistens gar nicht mitbekommst, zweitens bist du auch vorher ohne denjenigen ausgekommen und drittens ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste gute Interessent aus deiner Zielgruppe anfragt.
Es entsteht dadurch also keinerlei Schaden!
Sagst du hingegen einmal zu oft JA, wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das schlechte Bauchgefühl, was du schon in dir getragen hast, in irgendeiner Form bestätigen und dann habt ihr später in der Kanzlei wieder ganz viel Ärger!
Fehler 12: Anfragen je nach Herkunft unterschiedlich behandeln
Viele Steuerberater fühlen sich genötigt, einen Interessenten anzunehmen, nur weil derjenige beispielsweise über die Empfehlung eines A-Mandanten kommt.
Aber warum eigentlich?
Es ist völlig egal, ob ein Interessent über eure Website oder über Weiterempfehlung kommt, ob du mit demjenigen zehn Jahre die Schulbank gedrückt oder ihn auf einer Veranstaltung kennengelernt hast – all das sollte weder was an deinem Prozess noch an deinen Auswahlkriterien ändern!
Missachtest du diesen Grundsatz, dann sind mannigfaltige Probleme vorprogrammiert!
Aber jetzt sagst du vielleicht: „Wenn ich einen Mandanten habe, mit dem ich 50.000 EUR Umsatz mache und der mich fragt, ob ich dessen Bruder betreuen kann, dann kann ich diese Bitte doch nicht ablehnen!“
Doch, das kannst du!
Wenn du deinem A-Mandanten in aller Ruhe erklärst, warum du das eben nicht machen kannst, dann wird dieser dafür Verständnis haben.
Oder glaubst du ernsthaft, dass sich der A-Mandant dann einen neuen Steuerberater sucht, obwohl er mit deiner Leistung voll und ganz zufrieden ist?
In der Realität kommt sowas nicht vor und selbst wenn doch, dann ist es eben so!
Wer seine eigenen Standards und Prinzipien verkauft, der kann auf lange Sicht niemals besser fahren!
Fehler 13: Keine „Hausaufgabe“ einbauen
Nicht alle Menschen, die sich gut verkaufen können, lassen bekanntlich Taten folgen.
Auch wenn ein guter Gesprächsleitfaden (siehe Fehler 7) nicht nur alle wichtigen Fakten abklopft, sondern psychologisch auch so aufgebaut ist, dass er die eine oder andere Falle enthält, so besteht natürlich dennoch ein gewisses Restrisiko, dass wir es am Ende doch mit einem Schaumschläger zu tun haben.
Wie schaffst du es also, dieses Restrisiko noch weiter zu minimieren?
Ganz einfach, indem du zwischen dem Analysegespräch (telefonische Vorqualifizierung) und der Erstberatung (Video-Call) eine kleine „Hausaufgabe“ einbaust.
Nehmen wir an, du führst montags mit dem Interessenten ein Analysegespräch und dieser verkauft sich gut.
Biete ihm in dem Fall eine kostenlose Erstberatung an, aber sage ihm, dass du im Vorfeld noch ein paar Unterlagen (z.B. seine aktuelle BWA) benötigst. Frage explizit nach, bis wann er dir diese zukommen lassen kann.
Wenn er zum Beispiel „bis Mittwoch“ sagt, dann frage noch mal explizit nach, ob du dich darauf verlassen kannst, dass du die Unterlagen dann auf jeden Fall bis Mittwoch vorliegen hast. Wenn er auch das bejaht, dann kannst du ihm für Freitag einen Termin anbieten.
Solltest du jetzt am Donnerstag in die Kanzlei kommen und trotz Versprechung liegen die Unterlagen noch nicht vor, dann kannst du den Termin am Freitag guten Gewissens absagen!
Wenn derjenige hier schon nicht Wort hält, dann kannst du dir in etwa ausmalen, wie eine Zusammenarbeit mit demjenigen ablaufen würde.
Fehler 14: Beratungsgespräch nicht mit allen Entscheidern führen
Häufig haben wir es mit Konstellationen zu tun, in denen es mehr als einen Entscheider gibt.
Das kann strukturell bedingt sein, weil es zum Beispiel mehrere Gesellschafter gibt, aber es gibt auch sowas wie „informelle Entscheider“, wie zum Beispiel die Ehefrau, der Abteilungsleiter oder auch der Kumpel, der sich „mit dem ganzen Zahlenkram besser auskennt“.
Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du das Analysegespräch (telefonische Vorqualifizierung) nur mit einer Person führst, aber bei der Erstberatung müssen auf jeden Fall alle Entscheider teilnehmen!
Missachtest du diesen Grundsatz, dann gerätst du automatisch in ein Flüsterpost-Szenario, was so viel bedeutet, dass irgendein Laie versucht, dein ausführliches Beratungsgespräch in wenigen Minuten zusammenzufassen.
Insbesondere wenn du höherpreisig unterwegs bist, kann dir das brutal auf die Füße fallen!
Hast du hingegen alle formellen und informellen Entscheider im Gespräch, hat jeder die Möglichkeit, seine Einwände zu äußern und dann kannst du diese professionell händeln.
Außerdem verleiht dieses Vorgehen auch dir zusätzliche Sicherheit, weil du dann ganz genau weißt, mit wem du es final zu tun hast.
Es bringt dir nämlich nichts, wenn der sympathische Interessent mit dir den Deal schließt und später boykottieren dann plötzlich die Heckenschützen aus der zweiten Reihe die Zusammenarbeit.
Frage deshalb im Analysegespräch immer ab, wer noch am nächsten Gespräch teilnehmen sollte und lasse dich auf keinen Fall einlullen, wenn einer vollmundig so etwas sagt wie: „Ich kann das Gespräch mit Ihnen alleine führen, wenn ich zusage, dann stimmt mein Partner auch zu“.
Glaub nicht alles, was Leute dir erzählen!
Fehler 15: Zu günstige Angebote abgeben
Als Steuerberater bist du in der luxuriösen Situation, dass ein absoluter Nachfrageüberhang herrscht.
Es gibt also deutlich mehr Interessenten, die einen Steuerberater suchen als Steuerberater, die noch neue Mandanten aufnehmen wollen bzw. können.
Dennoch begehen viele Steuerberater den Fehler, dass sie ihre Leistungen nach wie vor viel zu günstig anbieten und damit jede Menge Geld verschenken.
Häufig höre ich hier so Sätze wie: „Ich kann ja aber jetzt nicht deutlich teurer sein als der Vorberater“.
Wieso denn nicht?
Wenn der Interessent zufrieden mit seinem jetzigen Steuerberater wäre, dann würde er schließlich nicht wechseln wollen, oder?
Da wir alle im Laufe des Lebens gelernt haben, dass sich billige Preise und Qualität meistens ausschließen, wird für den Interessenten sogar ein Schuh daraus, weil er realisiert, dass er für das bisherige Honorar überhaupt keine vernünftige Leistung erwarten konnte.
Bitte nicht falsch verstehen:
Es geht nicht darum, die Zitrone zu quetschen, Notlagen auszunutzen oder Mondpreise abzurufen – aber bitte verkaufe dich gefälligst nicht unter deinem Wert!
Letzte kleine Anmerkung zu diesem Thema:
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass Neumandanten weit weniger preissensibel sind als die Mandanten, die du bereits seit vielen Jahren betreust.
Die meisten Interessenten sind froh, wenn sie überhaupt einen Steuerberater finden und wenn es dann sogar noch ein guter ist, dann zahlen sie gerne ordentliche Honorare!
Fehler 16: Abwehrangebote abgeben
Wenn du einen Interessenten nicht als Mandanten annehmen möchtest, dann lehne ihn einfach konsequent ab!
Klingt logisch, aber weil das für viele Steuerberater unangenehm ist, neigen sie manchmal dazu, sogenannte „Abwehrangebote“ abzugeben.
Konkret bedeutet das, dass dem Interessenten im Nachgang ein Angebot mit astronomisch hohen Honoraren zugesendet wird und dann schickt der Steuerberater Stoßgebete Richtung Himmel und hofft, dass der Interessent dieses dankend ablehnt.
Das ist aber einfach nur dumm!
Aus den folgenden Gründen kann ich dir nur von diesem Vorgehen abraten:
- Das Vorgehen ist unehrlich, weil du denjenigen faktisch gar nicht haben möchtest und schließlich gilt auch im Business der Grundsatz „ehrlich währt am längsten“
- Das Angebot zu erstellen und die Kommunikation im Nachgang verschwenden unnötig Zeit
- Im schlimmsten Fall nimmt der Interessent das Angebot an und dann ist auch das „Schmerzensgeld“ kein Trost, denn aus der Nummer kommst du so schnell nicht mehr raus
Verzichte deshalb auf Abwehrangebote jeglicher Art und lerne stattdessen, deinen Mann oder deine Frau zu stehen!
Fehler 17: Angebote einfach zuschicken
Leider sind die wenigsten Steuerberater so gut aufgestellt, dass sie bereits im Rahmen der Erstberatung das konkrete Angebot mit dem Interessenten besprechen können.
Stattdessen wird das Angebot in aller Regel im Nachgang erstellt und dann dem Interessenten per E-Mail zugeschickt.
Auch das kann ein teurer Fehler sein!
Wenn du schon nicht in der Lage bist, innerhalb von 2-3 Minuten ein Angebot zu erstellen, dann solltest du zumindest einen zeitnahen zweiten Video-Call mit dem Interessenten vereinbaren, um im Rahmen dessen das Angebot vorzustellen und gemeinsam zu besprechen.
Es ist nämlich keine gute Idee, darauf zu vertrauen, dass der Interessent alles kapiert und deine Leistung richtig einzuordnen weiß.
Im schlimmsten Fall stellt er dein Angebot dem eines anderen Steuerberaters gegenüber und vergleicht dabei mitunter Äpfel mit Birnen.
Es ist deshalb viel besser, das Angebot gemeinsam mit dem Interessenten am Bildschirm durchzugehen, denn so stellst du sicher, dass er es auch wirklich kapiert und merkst vor allem, was ihn gegebenenfalls noch unsicher macht.
Du überlässt den Interessenten also nicht sich selbst und seinen Fragen, sondern bietest ihm die notwendige Sicherheit.
Je höherpreisiger du agierst, desto wichtiger ist dieses Vorgehen!
Im Umkehrschluss bedeutet das:
Wenn du deine Angebote bislang einfach so verschickt hast und das trotzdem kein Problem dargestellt hat, dann hast du mit hoher Wahrscheinlichkeit zu kleine Mandanten oder rufst zu niedrige Honorare ab.
Fehler 18: Keinen Folgetermin vereinbaren
Vertrieb gehört zugegebenermaßen nicht unbedingt zu den großen Stärken der meisten Steuerberater, aber gewisse Basics solltest du dir in deinem eigenen Interesse dennoch angewöhnen.
Wenn der Interessent nach der Erstberatung bzw. nach der Vorstellung des Angebots direkt zusagt, dann solltest du den Sack so schnell wie möglich zumachen, denn je mehr Zeit verstreicht, desto blödere Gedanken kommen den Menschen in den Sinn.
Der Interessent sollte also das Angebot so schnell wie möglich vorliegen haben und von dir ganz genau instruiert worden sein, was er jetzt bis wann zu tun hat.
Was aber, wenn sich der Interessent nach dem Gespräch noch nicht ganz sicher ist und erst mal „eine Nacht darüber schlafen“ muss?
Wenn deine Einwandbehandlung nicht fruchtet, dann solltest du zumindest auf jeden Fall einen zeitnahen Folgetermin vereinbaren.
Machst du das nämlich nicht, rattert es von Tag zu Tag mehr in deinem Kopf:
„Der hat immer noch nicht geantwortet, dabei lief doch das Gespräch so gut. Ob der sich noch andere Angebote eingeholt hat? Habe ich an irgendeiner Stelle was Falsches gesagt? War ihm vielleicht das Honorar doch zu hoch?“
Solange der Interessent keine klaren Instruktionen bekommt, hat das Ganze für ihn mitunter nur eine nachgelagerte Priorität.
Eventuell will er das in Ruhe am nächsten Wochenende oder nach seinem Urlaub machen.
Vielleicht hat er es sich aber doch anders überlegt – wir wissen es schlichtweg nicht!
Genau deshalb solltest du nichts dem Zufall überlassen, sondern immer einen Folgetermin vereinbaren.
Wie bereits erwähnt, fährst du gut damit, wenn der Folgetermin so zeitnah wie möglich terminiert wird, denn je mehr Zeit vergeht, desto unwahrscheinlicher wird der Abschluss!
Wenn der Interessent am Ende absagt, dann ist das vollkommen in Ordnung, aber dann hast du zumindest Klarheit und musst nicht spekulieren oder räudig hinterherrennen.
Fehler 19: Keine Probezeit mit dem Mandanten vereinbaren
Wenn du alle bisherigen Fehler vermeidest, über einen fundierten Auswahlprozess verfügst und diesen konsequent befolgst, dann ist das Risiko eines Fehlgriffs extrem gering.
Dennoch empfehlen wir dir, mit dem künftigen Mandanten eine halbjährige Probezeit zu vereinbaren.
Dem Interessenten soll klar sein, dass du die Zusammenarbeit von deiner Seite aus auf jeden Fall aufkündigen wirst, wenn er doch nicht so zuverlässig ist, wie er sich in den bisherigen Gesprächen präsentiert hat und sich nicht an eure Spielregeln hält.
Das bringt drei entscheidende Vorteile mit sich:
- Das macht dich noch interessanter, weil du dem Interessenten signalisierst, dass du in keiner Weise auf ihn angewiesen bist
- Dein künftiger Neumandant will es sich mit dir auf keinen Fall verscherzen und arbeitet deshalb von Anfang an bestens zu
- Sollte er sich wider Erwarten doch nicht an die vereinbarten Spielregeln halten, dann hat er sich die Kündigung quasi selbst ausgesucht
Du siehst, dieses Vorgehen begünstigt eine gute Zusammenarbeit und selbst wenn es nicht so laufen sollte, wie gewünscht, so steht von Anfang an dein Exit-Szenario und du kommst schnell wieder aus der Nummer heraus.
Fazit
Du hast jetzt hoffentlich realisiert, wie wichtig der Auswahlprozess von Neumandanten für den Erfolg deiner Kanzlei ist und konntest viele nützliche Anregungen mitnehmen.
Die Länge dieses Blogbeitrags (obwohl ich mich jeweils kurzgehalten habe) zeigt aber eindrucksvoll, wie sehr der Teufel im Detail steckt und dass selbst kleinste Fehler ausreichen können, um Fehlgriffe zu landen oder zumindest jede Menge Potenzial zu verschenken.
Du hast also dem Grunde nach drei Möglichkeiten:
- Du machst alles wie bisher und nimmst die beschriebenen Risiken und Gefahren billigend in Kauf
- Du versuchst selbst, deinen Auswahlprozess zu optimieren und lernst auf die harte Tour, dass das gar nicht so einfach ist
- Du lässt die Profis ran und lässt dir von uns helfen, was dir unterm Strich jede Menge Zeit und Lehrgeld spart
Sollte Variante 3 für dich in Betracht kommen, dann nimm dir am besten 10 Minuten Zeit und absolviere unseren kostenlosen Online-Kanzleicheck.
Den Auswahlprozess bekommen wir als „Abfall-Produkt“ ohnehin bei dir gelöst, aber die Auswertung hilft dir und uns dabei, herauszufinden, was bei dir in der Kanzlei gerade die Engpässe sind und wo du jetzt klugerweise ansetzen solltest.
Wir freuen uns, von dir zu hören!
Dein Michael von Kanzleibooster
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