Die Zwangsehe ist in Deutschland verboten, aber auf Kanzleiebene scheint diese leider nach wie vor erlaubt zu sein…
In der Praxis stellen wir immer wieder fest, dass es in vielen Kanzleien auf Partnerebene heftig kriselt.
Aber woran liegt das?
Typische Konflikte unter Kanzleipartnern
Typische Konflikte treten auf, wenn die Vorstellungen der Partner deutlich auseinandergehen, sich einzelne Personen nicht an Absprachen halten, die Performance der anderen nicht den eigenen Erwartungen entspricht oder wenn die Interessenslage schlichtweg unterschiedlich ist.
Besonders häufig lässt sich das beobachten, wenn klar ist, dass ein Partner in wenigen Jahren ausscheidet.
Ähnlich wie in der Politik, wird dann oftmals nicht mit Weitblick gehandelt, sondern eher mit Blick auf das Ende der „Legislaturperiode“.
Die Bereitschaft, Investitionen zu tätigen, größere Veränderungen anzustoßen oder unbequeme Entscheidungen zu treffen, verringert sich dadurch noch mal immens.
In anderen Fällen sorgen nicht die Alten, sondern eher die Jungen für Unmut.
Viel Geld verdienen und alle weiteren Vorzüge gerne, aber bitte auf keinen Fall mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten.
Kein Wunder, dass dies der älteren Generation ein Dorn im Auge ist!
Du siehst, die Liste der potenziellen Streitpunkte ist lang und wenn du gerade mitten in einer solchen oder einer ähnlichen Situation stecken solltest, dann weißt du ohnehin, wovon ich spreche.
Wenn es bei Kanzleipartnern kriselt, dann geht es selten um ein großes Thema, sondern es sind eher die vielen Kleinigkeiten im Alltag, die sich zu einem großen Gesamtkonflikt aufsummieren.
Die Frage ist nur, wie gehst du mit einer solchen Situation am besten um?
Viele Probleme lassen sich nicht lösen
Die Probleme offen anzusprechen, fällt vielen schwer, zumal die meisten Steuerberater eher konfliktscheu sind.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich manche Probleme schlichtweg nicht lösen lassen.
Es ist deshalb in keiner Weise erstrebenswert, immer mit Biegen und Brechen nach irgendwelchen Kompromissen zu suchen.
Manchmal hat man es einfach mit unüberbrückbaren Differenzen zu tun und dann gilt es das auch anzuerkennen und entsprechend zu handeln.
Dem Grunde nach musst du dir nur eine einzige Frage stellen: „Würde ich, wenn wir noch nicht in einer Partnerschaft wären, mit dem heutigen Wissen wieder eine Partnerschaft mit meinen jetzigen Partnern eingehen?“
Wenn an dieser Stelle kein entschiedenes „Ja“ von dir kommt, dann muss mindestens eine Person gehen – du oder jemand von deinen Partnern.
So einfach ist das!
Vielen ist das innerlich bewusst, aber sie trauen sich nicht, den entscheidenden Schritt zu gehen.
Sie haben Angst vor den Konsequenzen, den finanziellen Folgen und der Ungewissheit.
Deshalb verharren leider die meisten lieber weiter in ihrer Zwangsehe, obwohl es in dieser Konstellation nur Verlierer gibt.
Jetzt magst du vielleicht einwenden, dass sich das von außen alles leicht sagen lässt, aber ich habe es selbst erlebt.
Auch wir von Kanzleibooster hatten mal drei Gesellschafter.
Als wir uns 2023 von unserem dritten Gesellschafter aus einer Vielzahl von Gründen getrennt haben, ging dies mit nicht unwesentlichen Risiken einher.
Das war alles andere als leicht und uns wurde – unter schamloser Ausnutzung der Situation – eine Vielzahl von Steinen in den Weg gelegt.
Rückblickend betrachtet war dies dennoch die beste unternehmerische Entscheidung, die wir jemals getroffen haben.
Seither geht es massiv voran mit Kanzleibooster und viel wichtiger noch – wir haben unseren Seelenfrieden wieder, weil wir harmonisch an einem Strang ziehen.
Denn auch das kann ich sagen: Mit meinem Geschäftspartner Bastian Schoder würde ich jederzeit wieder eine unternehmerische Ehe eingehen.
Wenn du dich also in der aktuellen Konstellation unwohl fühlst, dann kann ich dich nur dazu ermutigen, konsequent zu sein.
Das Leben ist zu kurz für faule Kompromisse und ständigen Ärger!
Warum du deine Kanzleipartner nicht mit Samthandschuhen anfassen solltest
Wir haben bereits darüber gesprochen, dass Konflikte unter den Partnern viel zu häufig nicht angesprochen und stattdessen eher ausgesessen werden.
Das hilft natürlich niemandem!
Was mich immer wieder staunen lässt, ist die Tatsache, dass viele mit ihren Mitarbeitern, die ein paar tausend Euro im Monat bekommen, weit härter ins Gericht gehen als mit dem Partner, der die Hälfte, ein Drittel oder wie viel auch immer des Kanzleigewinns einstreicht.
Das ergibt überhaupt keinen Sinn!
Wenn ihr zum Beispiel besprochen habt, dass bestimmte Mandantengruppen nicht mehr aufgenommen werden und ein Partner nimmt plötzlich genau solch einen Mandanten auf, dann darf das gerne auch mal richtig unter den Partnern knallen!
Wegsehen führt nur dazu, dass es beim nächsten Mal wieder geschieht.
Was ihr innerhalb eurer Partnerschaft benötigt, ist eine schonungslos offene Kommunikation.
Nur das führt am Ende zu einer echten Harmonie untereinander und nicht zu einer gespielten.
Hör also auf, dich selbst, deine Partner oder sonst irgendwen mit Samthandschuhen anzufassen.
Am Ende des Tages bekommst du nämlich nicht die Ergebnisse, die du verdienst, sondern die, die du tolerierst!
Und wer eben schlechtes Vorgehen auf Kanzleileitungsebene toleriert, der bekommt schlechte Ergebnisse.
So einfach ist das!
Du solltest deshalb an dich selbst immer den härtesten Bewertungsmaßstab anlegen, aber es mit der Nachsicht gegenüber deinen Kanzleipartnern auf keinen Fall übertreiben.
Und im Übrigen würde ich das an deiner Stelle exakt so auch von deinen Partnern einfordern.
Auch diese sollen dich nicht mit Samthandschuhen anfassen, sondern Dinge direkt ansprechen, wenn sie nicht in ihrem Sinne sind.
Die Betonung liegt auf direkt und nicht erst Wochen später.
So werden die Probleme gelöst, wenn sie noch klein sind, denn wenn sie mal groß geworden sind, dann müssen wir ganz andere Geschütze auffahren.
Die Basis für eine erfolgreiche Kanzleipartnerschaft
Wir haben zu diesem Zeitpunkt schon viel darüber gesprochen, was unter Kanzleipartnern alles schieflaufen kann.
Was macht jedoch im Umkehrschluss eine erfolgreiche Partnerschaft aus?
Wie größtenteils bereits ausgeführt, bilden folgende Punkte aus meiner Sicht die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit:
- ähnliche Vorstellungen und Ziele
- gegenseitige Wertschätzung
- gegenseitiges Vertrauen
- kompatible Risikoprofile
- faire Regelungen hinsichtlich der Verteilung von Arbeit und Gewinn
- offener Austausch untereinander (ohne Samthandschuhe)
- Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Charakterzügen
- gemeinsame Sprache nach innen und außen
- konsequente Umsetzung der gemeinsamen Linie
- alle müssen ihr Privatleben im Griff haben
Wenn du genauer darüber nachdenkst, kann eine Partnerschaft an jedem einzelnen dieser Punkte zerbrechen!
Genau deshalb ist es auch so schwierig, passende Kanzleipartner zu finden, mit denen es dauerhaft passt, denn natürlich können sich gewisse Situationen und Einstellungen im Laufe der Zeit verändern.
Ich habe bewusst von der „Basis“ gesprochen, denn selbst wenn all diese Kriterien erfüllt sind, ist das noch längst kein Garant für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Die Basis ist lediglich ein Garant dafür, dass ihr euch nicht gegenseitig an die Gurgel springt.
Was besonders erfolgreiche Kanzleipartner auszeichnet
Über die Basis einer soliden Kanzleipartnerschaft haben wir bereits gesprochen. Was zeichnet jedoch darüber hinaus besonders erfolgreiche Partner aus?
Betrachtet man die individuellen Stärken und Schwächen der einzelnen Personen, so lässt sich bei erfolgreichen Partnerkonstellationen in der Regel beobachten, dass sich die jeweiligen Stärken hervorragend ergänzen bzw. dass die jeweiligen Schwächen gekonnt kompensiert werden.
Vereinfacht gesagt bringt es also unter normalen Umständen wenig, wenn sich zwei Koryphäen des Steuerrechts oder zwei Visionäre zusammentun.
Idealtypisch solltet ihr also entweder ein Team von unterschiedlichen Spezialisten oder ein Team von Allroundern mit unterschiedlichen Schwerpunkten oder bei mindestens drei Partnern ggf. auch ein Gemisch aus beidem sein.
Sollte das bei euch nicht der Fall sein, so bedeutet das nicht, dass eure Kanzlei zwangsläufig dem Untergang geweiht ist.
Vieles lässt sich abfangen, wenn ihr euch die fehlenden Kompetenzen in Form von Mitarbeitern und externen Dienstleistern einkauft.
Dennoch solltet ihr euch nicht wundern, wenn es in einer solchen Konstellation nicht für die Champions League, sondern vielleicht „nur“ für die 1. oder 2. Bundesliga reicht.
Eine weitere elementare Voraussetzung einer erfolgreichen Zusammenarbeit ist eine kluge Verteilung der Rollen und Aufgaben.
Im Rahmen unserer Kanzleiberatung stellen wir immer wieder fest, dass alle Partner gefühlt alles und nichts machen.
Während sich drei Leute um die gleichen Aufgaben kümmern, verwaisen andere komplett.
In der Praxis hat es sich deshalb bewährt, eine detaillierte Rollenanalyse vorzunehmen.
Welche Rollen müssen in der Kanzlei abgedeckt werden und wer füllt diese aktuell aus?
Je mehr Menschen einer Aufgabe zugeordnet werden, desto weniger fühlt sich der Einzelne dafür verantwortlich und desto mehr Streuverluste werdet ihr haben.
Besser ist es also, wenn einzelne Partner bestimmte Themenbereiche autark übernehmen und die anderen lediglich im Informationsfluss halten.
Ein typisches Beispiel hierfür wäre das Thema Datenschutz. Eine Person übernimmt die Korrespondenz mit dem Datenschützer oder veranlasst intern die notwendigen Maßnahmen. Die restlichen Partner nehmen das stoisch zur Kenntnis und sind froh, mit all dem nichts am Hut zu haben.
Manchmal gibt es aber auch Themen, die man auf Partnerebene diskutieren sollte.
Nehmen wir beispielsweise die Neugestaltung der Karriereseite. Hier ist es durchaus sinnvoll, die Grundausrichtung auf Partnerebene zu diskutieren. Sobald die Richtung steht, sollte jedoch wieder ein Partner den Hut aufhaben und alles Weitere in die Wege leiten.
Nur so bringt ihr Tempo in die Umsetzung und könnt mehrere Geschäftsbereiche gleichzeitig fortentwickeln.
Stell dir also am besten exemplarisch die Frage, wer bei euch für die Themen Recruiting, Personalentwicklung, Controlling, Qualitätsmanagement, Marketing, Digitalisierung usw. verantwortlich ist.
Wenn selbst diese kleine Auswahl von Themen schon bei dir zu der Erkenntnis führt, dass bei euch in der Kanzlei Wildwuchs herrscht, dann führt kein Weg an einer detaillierten Rollenanalyse vorbei.
Fazit
So viele Vorteile eine Kanzleipartnerschaft auch bietet – so viele Tücken und Risiken birgt sie auch.
Ihr müsst keinesfalls immer einer Meinung sein, aber wenn das Fundament brüchig ist, dann gilt es schnell zu handeln.
Das bedeutet konkret, dass ihr die Probleme so schnell wie möglich schonungslos offen ansprecht und eine gemeinsame Lösung findet oder aber auch, dass ihr ehrlich zu euch selbst seid und euch eingesteht, dass ihr einfach nicht (mehr) zusammenpasst.
Letzteres ist keine Schande, auch wenn der Plan natürlich ursprünglich mal ein anderer war.
Die Alternative in dem Fall wäre, dass ihr in einer Art Zwangsehe verharrt und aufpassen müsst, dass der ständige Ärger nicht irgendwann zu einer Verbitterung führt.
Befindest du dich hingegen in einer Kanzleipartnerschaft, die auf einem sauberen Fundament basiert und bei der ihr euch entsprechend eurer Stärken ergänzt, lassen sich alle anderen Herausforderungen aus dem Weg räumen.
Sei also konsequent und denk‘ daran – das Leben ist zu kurz für Kompromisse!
Dein Michael von Kanzleibooster
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